05.05.2012 - Liebe "Bild"-Zeitung - Ein offener Brief

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05.05.2012 - Liebe "Bild"-Zeitung - Ein offener Brief

Beitragvon Maik » 16.09.2021, 13:06

Liebe "Bild"-Zeitung - Ein offener Brief


Liebe "Bild"-Zeitung,

in eurer Lokalausgabe Mecklenburg-Vorpommern wurde ich auf den Beitrag: "Wetter-Wahnsinn" aufmerksam.

Ich finde es schön, wie ihr euch Mühe gebt und den Leuten im Norden Deutschlands Frust bei "Bibbertemperaturen" wie im Winter macht, während im Rest Deutschlands "Blitz-Sommertemperaturen" auf dem Plan standen.



Zu erst einmal sind hier in diesem Artikel zwei Karten aufgeführt. Die eine Karte zeigt eure Temperaturbilanz und die zweite, die etwas überarbeitet Karte, wobei auch der Nordosten bei bis zu 30 Grad bibberte.

Aber erst einmal zu eurem schönen Artikel und ein paar Richtigstellungen bezüglich Mecklenburg-Vorpommern und den Verteilungen der Temperaturen auf der Karte. Falsch ist, dass in Rostock 12,0 Grad gemessen wurden. Der richtige Ort wäre in diesem Fall das Ostseebad Warnemünde, welches dann tatsächlich eine Höchsttemperatur von 12,0 Grad Celsius aufwies. In Rostock wurden gute 8 Grad mehr gemessen. Der Höchstwert lag hier bei 20,6 Grad Celsius.

Nächstes Manko. Am Kap Arkona wurden laut eurer Aufzeichnungen 8,0 Grad Celsius gemessen. Wenn diese Daten schon ausgewertet werden, solltet ihr auch die Richtigen Daten zur Anwendung bringen. Am 28.04.2012 wurde der Tiefste Wert zwischen 8 und 17 Uhr mit 8,4 Grad erfasst. Die Höchsttemperatur betrug in diesem Zeitraum sogar 10,1 Grad Celsius.

Nun zu eurer schönen Karte. Diese weist doch einige Fehler auf. So wurden die Sommertemperaturen, Köln lag ja auch im Bereich von 24,0 Grad Celsius, bis an die Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern geführt. Im Umkehrschluss hieße das, dass wir maximal 23,9 Grad Celsius im Nordosten hatten. Am 28.04.2012 wiesen folgende Orte mehr als 24,0 Grad Celsius auf:

Lübz 26,2°C, Goldberg 24,5°C, Parchim 26,6°C, Marnitz 26,5°C, Waren an der Mürtiz 26,0°C, Flesensee 26,9°C, Klink an der Müritz 27,0°C, Müritz Nationalpark 27,7°C, Neustrelitz 29,5°C, Feldberg (Mecklenburg) 27,4°C, Rattay 26,4°C, Grambow-Schwennenz 27,8°C und Penkun 30,0°C.

Bei dieser Auflistung handelt es sich um offizielle Wettermessstationen.

"Berlin 22 Grad heißer als Rügen!" tituliert ihr ganz groß. Aber wenn wir uns jetzt mal die Differenz Berlin – Rügen ansehen, dann kommt folgendes Ergebnis raus:

Gegeben sind
Berlin mit 30,2 Grad Celsius
Rügen mit 10,1 Grad Celsius
Gesucht: Differenz beider Orte

Differenz x=Berlin–Rügen =30,2°C-10,1°C=20,1K.

Nun war es aber nicht überall auf Rügen so "kalt" und zum Bibbern. Rambin liegt im Südwesten der Insel. Die Höchsttemperatur lag hier bei 18,4 Grad Celsius. Somit würde die Differenz zwischen Berlin und Rügen deutlich sinken und zwar auf 11,8 Kelvin.

Nun noch einmal zu der Auflistung der Temperaturen, die besonders im Binnenland die 25-Grad-Marke deutlich überschritten. Für die Menschen, die in den genannten Orten lebten (alles über 23,9°C) hieß es nicht bibbern sondern schwitzen, oder sind die gemessenen 30,0 Grad in Penkun ein Grund sich dick anzuziehen?

Meine Meinung zum Artikel. Ihr habt ein deutliches Nord-Süd-Gefälle bei den Temperaturen geschaffen. Jedoch sollten eure Recherchen deutlich besser ausfallen. Zudem fehlt in dem Artikel meines Erachtens der Bezug zur Realität. Beispiel Hamburg, wo man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei 17,0 Grad Celsius, wohl bemerkt im Schatten, nicht bibbern musste. Auch 7,8 Grad, wie ihr für List auf Sylt angebt, sind alles andere als winterlich. Diese Werte sind meines Wissens im Herbst- oder Frühlingsbereich anzusiedeln, wobei ich eher zu Herbst tendiere.

Das ihr versucht zu polarisieren, ist ja weitgehend bekannt. Aber wenn ihr Auswertungen über ein brisantes Thema, wie beim Wetter macht, lasst das polarisieren einfach mal sein und versucht doch etwas weniger reißerisch eure Artikel zu titulieren und zu verfassen. Seriöser Journalismus sieht anders aus, aber mit Schlagzeilen und Meinungsmache verdient ihr euch eine goldene Nase. Ob diese Echtgold ist oder nur vergoldet wurde, sei mal dahin gestellt.

Maik Thomaß, 05.05.2012

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