Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland vor dem Deutschen Bundestag

Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland vor dem Deutschen Bundestag

Beitragvon Maik Thomaß » 27.01.2023, 12:05

Rede des Bundesministers für Gesundheit, Dr. Karl Lauterbach, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Stiftung Unabhängige Patientenberatung Deutschland vor dem Deutschen Bundestag


Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir beschäftigen uns heute mit der Unabhängigen Patientenberatung in Deutschland. Es geht um ein sehr wichtiges Gesetz, bei dem wir eine Perspektive einnehmen, die in der Gesundheitspolitik oft viel zu kurz kommt, nämlich die Perspektive des Patienten. Das ist eine Perspektive, die man oft vergisst, aber häufig ist es so, dass man nur ein einziges Blatt Papier von dieser Perspektive entfernt ist; das müssen wir uns immer vor Augen führen. Daher ist es wichtig, dass wir uns in die Lage versetzen können: Wie betrachtet der Patient dieses System?

Wir müssen für die Patienten etwas anbieten, was es bisher nicht in der Qualität und Form gibt, wie es benötigt wird, nämlich eine unabhängige Beratung. Wenn der Patient beispielsweise nicht in der Lage ist, den Befund zu verstehen, wenn sich der Patient beispielsweise schnell entscheiden muss, eine besondere Behandlung oder Operation zu wählen, ein Krankenhaus auszuwählen, dann muss es eine Stelle geben, wo er sich, ohne dass die Beratung durch wirtschaftliche Aspekte oder Abhängigkeiten verfälscht wäre, diesen Rat einholen kann, und das ist die Aufgabe dieser Stiftung. Sie soll dem Patienten unabhängig von wirtschaftlichen Interessen und Interessenskonflikten zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit geben, sich eine Information einzuholen, die er versteht und die ihm hilft, in diesem System besser klarzukommen. Das ist insbesondere für Menschen, deren Kinder nicht Ärzte sind, die keine Ärzte in der Verwandtschaft haben, die einfach darauf angewiesen sind, irgendwo Informationen einholen zu können, sehr wichtig.

Wir machen das zu einem dauerhaften Angebot. Diese Stiftung ist daher dauerhaft finanziert, sie ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts. Wir haben diese Stiftung zusammen mit den Verbänden der Patientenberatung entwickelt. Das ist ein Konsensergebnis, zu dem wir Fachleute herangezogen haben, die mitberaten haben. Ich bin dankbar, dass das funktioniert hat, ohne dass es zu Streit gekommen ist.

Wir haben eine gute Lösung gefunden. Das hat etwas gebraucht – das ist richtig –, aber wir haben eine gute Lösung, die nahtlos an das anschließt, was wir bisher an Patientenberatung hatten. Ich möchte mich hier ausdrücklich beim Patientenbeauftragten der Bundesregierung Stefan Schwartze bedanken, der daran mitgearbeitet hat. Ich möchte mich bei den Patientenorganisationen ganz herzlich bedanken. Ab dem 1. Januar 2024 wird das dann laufen. Wir wollen all die guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt in der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland mitgearbeitet haben, wenn irgend möglich in die neue Struktur überführen. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit auch für die Arbeit, die sie geleistet haben, ganz herzlich bedanken. Das war eine großartige Arbeit, die Grundlage dessen, was wir jetzt haben; darauf bauen wir hier auf.

Lassen Sie mich noch zwei Dinge sagen, die unabhängig von dieser Gesetzgebung hier mit beschlossen werden, weil sie eilbedürftig sind: Wir halten Wort, indem wir mit diesem Gesetz die Entbudgetierung bei den Kinderärztinnen und Kinderärzten einbringen. Ich hatte das ja damals angekündigt, als die Kinderärztinnen und Kinderärzte in dieser massiven Auseinandersetzung mit den Atemwegserkrankungen waren. Sie haben Leistungen erbracht, die nicht budgetiert waren. Daraus haben wir zwei Schlüsse gezogen: Der erste Schluss ist: Nachträglich wird vergütet, was im vierten Quartal notwendig war, die Leistungen, die über das Budget hinausgingen. Für diese Leistungen werden nachträglich 49 Millionen Euro gezahlt. Ich bedanke mich beim GKV-Spitzenverband und bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dass man sich da geeinigt hat.

Wir haben Wort gehalten: Wir werden jetzt als erste Facharztgruppe in der Niederlassung die Kinderärzte komplett aus der Budgetierung herausnehmen. Wir haben zu wenige Kinderärzte, deshalb sagen wir: Junge Ärztinnen und junge Ärzte, die sich entscheiden, Kinderarzt zu werden, werden ohne Budgetnöte praktizieren können. Das wird ihre Arbeit entbürokratisieren. Es wird weniger Dokumentation notwendig sein. Sie werden in der Lage sein, das zu machen, was sie für medizinisch richtig halten, und werden nicht überlegen müssen: „Ist das noch im Budget?“, oder, wenn es im Budget ist: „Nehme ich das anderen Ärzten weg?“, sondern hier wird es die Möglichkeit geben, einfach das medizinisch Notwendige voll in den Vordergrund zu stellen. Damit wollen wir die Behandlung von Kindern in den Vordergrund stellen. Das ist etwas, was wir den Kindern schulden. Die Kinder waren die Leidtragenden der Pandemie. Es kann nicht sein, dass wir bei Kinderarzneimitteln Lieferengpässe haben und dass die Kinderärzte die Leistungen nicht bezahlt bekommen. Daher beseitigen wir dieses Unrecht. Wir machen etwas. Wir kündigen nicht an, sondern wir machen etwas. Rückwirkend fließt Geld, und zukünftig wird entbudgetiert. Das hatten wir versprochen, das leisten wir für die Kinder. Wir haben Wort gehalten.

Schließlich möchte ich bei dieser Gelegenheit auch ankündigen, dass wir ein ganz altes, lange bestehendes Unrecht, eine Diskriminierung, beseitigen, die eigentlich schon vor Jahren hätte beseitigt werden müssen: Wir haben schon seit langer Zeit einen Mangel an Blutspenden. Trotzdem gab es diese vollkommen unvertretbare, medizinisch unnötige Diskriminierung von Männern, die Sex mit Männern haben, homosexuellen Männern, bei der Blutspende. Für sie galten andere Regeln. Für diese Regeln gab es keine medizinische Begründung, keine infektiologische Begründung. Daher gelten jetzt die gleichen Blutspenderegeln auch für Männer, die Sex mit Männern haben. Diese Diskriminierung haben wir beendet.

Das war überfällig. Das ist ein Beispiel dafür, wie wir hier vorgehen: Wir machen keine großen Ankündigungen, sondern wir ziehen die Gesetze, die wir angekündigt haben, durch. Wir gehen pragmatisch vor, gehen nach vorne. Ich bitte Sie daher, diese wichtigen, pragmatischen Gesetze zu unterstützen, bitte um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.
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