Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier beim Tag der offenen Tür in der Villa Hammerschmidt

Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier beim Tag der offenen Tür in der Villa Hammerschmidt

Beitragvon Maik Thomaß » 22.06.2022, 12:07

Rede von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier beim Tag der offenen Tür in der Villa Hammerschmidt


Herzlich willkommen Ihnen allen! Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ich, wir freuen uns alle, dass so viele heute Nachmittag hierher in den Park der Villa Hammerschmidt gekommen sind.

Ganz ehrlich: Ich hätte nicht gedacht, dass das Interesse so überwältigend groß sein und der Park sich mit so vielen Gästen füllen würde – und das bei dieser Hitze. Wie ich gehört habe, waren die Tickets für die Führungen durch die Räume der Villa und durch den alten Kanzlerbungalow praktisch sofort vergriffen. Das zeigt mir: Es gibt nicht nur das Interesse an einer schönen Party mit Musik, mit Essen und Trinken und guter Laune – das setze ich im Rheinland sowieso voraus –nein, es gibt auch ein lebendiges Interesse an der Zeitgeschichte, die sich hier in Bonn ereignet hat. Und Zeitgeschichte in Bonn ist Demokratiegeschichte in Deutschland.

Hier wird noch einmal lebendig, was die schönen, was die glücklichen, aber auch was die schweren Stunden der Bundesrepublik ausgemacht hat. Und ich freue mich, dass auch viele Junge und Jüngere, die erst nach dem Umzug der Regierung von Bonn nach Berlin geboren wurden, heute hier sind.

„Eine kleine Stadt in Deutschland“ hat der große britische Autor John le Carré seinen Roman genannt, der hier im politischen, diplomatischen und auch geheimdienstlichen Bonn spielt. In dieser kleinen Stadt, die heute gar nicht mehr so klein ist, haben wir für die Bundesrepublik große und wichtige Dinge gelernt: eine Demokratie aufzubauen, zu schützen und zu erhalten; in allem Streit, der zur Demokratie gehört, den zivilen Umgang miteinander nicht zu vergessen; in echter Liberalität andere anders sein und anders leben zu lassen; einen Wandel vom autoritären Ton und Verhalten hin zu einer offeneren, freieren Gesellschaft.

Natürlich haben sich diese Veränderungen im ganzen Land abgespielt, natürlich ist die freiheitliche Demokratie überall in der Bundesrepublik aufgebaut worden, aber je länger diese Zeit zurückliegt, umso mehr wird Bonn, wird der Ausdruck „Bonner Republik“ zu einem symbolischen Ausdruck für gute, selbstbewusste Jahrzehnte in einem – allerdings nur halben – Deutschland, das dabei war, sich neu und anders zu entdecken und zu entwickeln.

Seinen schönsten, auf jeden Fall sichtbarsten Ausdruck hat dieses neue, freie, demokratische Land vielleicht vor bald fünfzig Jahren bekommen, als unter dem wunderschönen, leichten Zeltdach und unter dem blauen Sommerhimmel von München die Olympischen Spiele 1972 eröffnet wurden. Es waren, bis zu dem schrecklichen Terroranschlag, fast anderthalb Wochen lang heitere, unbeschwerte Spiele. Die ganze Welt rieb sich die Augen über ein Deutschland, das sich hier so ungezwungen, so friedlich und zivil, so leicht und fröhlich, kurz: so vermeintlich undeutsch präsentierte.

Ich bin mir sicher: Es war nicht zuletzt die politische Arbeit hier in Bonn, der demokratische Stil und die freiheitlichen Überzeugungen, wie sie hier praktiziert und immer mehr eingeübt wurden, die diese Spiele vor fünfzig Jahren und ihr unvergessliches Flair erst möglich gemacht haben.

Von der damaligen Zeit, aber auch von der heutigen Arbeit des Bundespräsidenten, des Bundespräsidialamtes, auch des Bundeskanzleramtes erzählen die Bauten und auch die Präsentationsorte hier draußen im Park.

Ich danke allen, die das alles möglich gemacht, und allen, die uns dabei unterstützt haben. In erster Linie der Stadt Bonn, mit der es, wie immer in all den vergangenen Jahren, eine wunderbare Zusammenarbeit gegeben hat und gibt. Ohne sie wäre so ein Fest in dieser Form gar nicht möglich. Dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, das jetzt in den Gebäuden nebenan residiert, danke ich für die gute Nachbarschaft und die Kooperation rund um dieses Fest.

Liebe Gäste, wir leben in keinen ei

nfachen Zeiten. Gerade deshalb wünsche ich Ihnen und uns einen heiteren, unbeschwerten Nachmittag. Fühlen Sie sich wohl bei uns, und viel Vergnügen!
Redaktion Maik Thomaß
Benutzeravatar
Maik Thomaß
Administrator
 
Beiträge: 37644
Registriert: 12.04.2016, 13:03
Wohnort: Rostock

Zurück zu Vermischtes



Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast

cron